II. Was war die Hexenverfolgung?

Verfolgungen von der bösen Zauberei verdächtigen Personen gab es in fast allen Kulturkreisen; mit Hexenverfolgung als historischem Begriff meint man allerdings die Periode der legalen Hexenverfolgung bzw. der Hexenprozesse in Europa vom 15. bis ins 18. Jahrhundert. Der Großteil der Hexenverfolgungen liegt entgegen der landläufigen Ansicht nicht im Mittelalter, sondern in der frühen Neuzeit.

Allgemein lassen sich Parallelen zwischen der Hexenverfolgung und der Judenverfolgung feststellen, so wird die Hexenverfolgung auch als "Holocaust gegen die Frauen" bezeichnet.


Wie ist das Wort „Hexe“ definiert?

Eine Hexe war im Volksglauben eine mit Zauberkräften ausgestattete, meist weibliche aber auch männliche, unheilbringende Person, die im Rahmen der Christianisierung häufig mit Dämonen oder dem Teufel im Bund geglaubt wurde, die durch magische Kräfte Schadenszauber gegen andere Menschen durchzuführen vermochte.
Später übertrug sich der Begriff auf Frauen, deren Zuständigkeitsbereiche Heilkunst, Verhütung, Entbindung, Wetterzauber u.a. umfasste, etwas was sich auch mit den mythischen Kräften der vorzeitlichen Wesen verbinden lässt. Zur Zeit des Hexenwahns wurde diese Vorstellung mehr und mehr als Fremdbezeichnung auf Frauen und Männer angewandt, die sich vermeintlich oder tatsächlich in irgendeiner Weise vom christlichen Glauben entfernt hatten, womit ihre Verfolgung legitimiert wurde. Eigenbezeichnungen, die nicht unter peinlicher Befragung entstanden, sind nicht bezeugt.


Ursache

Zum einen verändert sich die Wahrnehmung von Zauberei durch die gebildete Elite. Die Gelehrten behaupten zu dieser Zeit, dass sich Hexen zu einer Sekte zusammengerottet haben und die Menschheit mit bösem Zauber bedrohen. Die allgegenwärtige Alltagsmagie kann da schnell zum Delikt werden. Zum anderen ist in der Bevölkerung die Bereitschaft zur Verfolgung von Personen da, die man für Krankheit, Not und Unglück verantwortlich machen kann, denn die Menschen konnten sich vieles nicht erklären, man kannte zum Beispiel die Bakterien als Krankheitsüberträger noch nicht. Jedoch betraf die Verfolgung nicht nur Frauen, sondern auch Männer. Denn in Regionen wie zum Beispiel in Island war das Bild des Zauberers traditionell männlich besetzt und führte dazu, dass 80 % der Opfer Männer waren.

Der Hauptauslöser für die Hexenverfolgung und das Grundgerüst für die Prozesse und Hinrichtungen bildete eine höchst unheilige Allianz von Kirche, Staat und Wissenschaft
Hier hat nicht der Volkszorn die Feder geführt, sondern es sollten ganz im Gegenteil mit Hilfe von Hexenbulle und Hexenhammer die latenten Argwohngefühle und vorhandenen Vorurteile im Volke erst auf den Punkt gebracht werden.
Die Kirche befand sich in einer Legitimationskrise. Sie hatte sowohl gegen vor- und außerchristliche Glaubensinhalte zu kämpfen, als sich auch innerkirchlich mit Sekten, Ketzern und später mit der Reformation auseinander zusetzen. In beiden gegnerischen Lagern aber spielten Frauen z.T. tragende Rollen: In den vorchristlichen Religionen galt es, gegen weibliche Götter, gegen Priesterinnen und ihre Magie vorzugehen bzw. gegen den Glauben an eine besondere weibliche spirituelle Macht, die mit den Kirchenlehren nicht zu vereinbaren war. Es lag daher nahe, die alten Riten zu abergläubischen Praktiken und Hexereien zu erklären und entsprechend zu verfolgen.
Die ketzerischen Vereinigungen wiesen im Gegensatz zu der Kirche eine relativ große Frauenfreundlichkeit auf, sie gingen von einer faktischen Gleichheit zwischen Mann und Frau aus. Das war der Grund, warum die Sekten einen recht großen Zulauf von Frauen hatten, dies war ein „Beweis“ dafür, dass Frauen die „weniger Glaubenden“ waren.
Frauen, bis dahin spirituell aktiv, wurden zunächst vom sakralen Bereich ausgeschlossen.
Bis heute dürfen sie in der katholischen Kirche keine Priesterinnen sein. Die Kirche nahm ihnen jeden Einfluss auf die Form, in der sie Religion erleben konnten.
Die christliche Trennung in eine anständige, auf Fortpflanzung gerichtete und in eine unanständige, nur dem Lustgewinn dienende Sexualität war für das sinnenfrohe Mittelalter etwas Neues. Sexualität wurde plötzlich etwas Sündhaftes. Da Frauen als sexuell unersättlich galten, mussten sie als Verführerinnen verteufelt werden. Die weisen Frauen waren im Mittelalter die einzigen, die über Wissen in den Bereichen Verhütung und Abtreibung verfügten; Handlungen, die dem christlichen Verständnis von funktionaler Sexualität zuwiderliefen. Daher sind die Hebammen im Hexenhammer als “Hexenfürstinnen“ und “gefährlichste Hexen“ mit Sonderkapiteln bedacht worden.
So ist es kein Wunder, dass die Kirche dafür sorgte, dass der neue Stand der Mediziner zunächst ein Theologiestudium absolvieren musste und ohne Priester nicht tätig werden durfte. Hexenverfolgung war also für die Kirche ein Instrument zur Durchsetzung des christlichen Glaubens und zur Behauptung der kirchlichen Alleinzuständigkeit.

Die Wissenschaft, besonders die Medizin hatte Probleme damit, dass Naturheilverfahren wirkten. Da Krankheiten als Strafe für begangene Sünden angesehen wurden, durften diese nur von theologisch ausgebildeten Ärzten behandelt werden.
Durch Bücherverbrennungen war das alte Wissen der Hebammen nicht auszurotten da es nie schriftlich niedergelegt worden war. Als mündliches Wissen konnte es nur dadurch ausgerottet werden, dass die Trägerinnen dieses Wissens verbrannt wurden.
Im Mittelalter hatte man nicht die nötigen Geräte um manche Heilverfahren oder Medikamente zu untersuchen und so wurde die Wirkung auf Zauberei zurückgeführt, so wurden damals zum Beispiel Drogen wie auch heute verwendet; der daraus resultierende Gemütszustand machte viele Wissenschaftler sehr skeptisch.

Der Staat hatte auch großes Interesse an der Hexenverfolgung, so brauchte man, um die sozialen Unruhen unter Kontrolle zu bekommen, Sündenböcke. Da kamen die Hexen mit ihrem “Schadenszauber“ gerade recht.
Da durch den 30-jährigen Krieg viele Männer fehlten, hatte auch der Staat ein Interesse an der Ausrottung von Verhütungspraktiken und Abtreibung. Staatliche und kirchliche Interessen trafen sich hier. So war mitunter die Bevölkerungspolitik ausschlaggebend.

Die männlichen Eliten wollten die Konkurrenz der Frauen ausschalten und durch die Hexenverfolgungen mussten Frauen schließlich lernen, sich unauffällig zu verhalten, um nicht in irgendeiner Weise missliebig und deshalb beschuldigt zu werden.

 

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