Hexenverfolgung1

 

Die Hexenverfolgung

I. Kepler und die Hexenverfolgung

Katharina KeplerJohannes Kepler gilt als einer der größten Naturwissenschaftler aller Zeiten. Mit seinen bis heute gültigen Forschungen beginnt die wissenschaftliche Neuzeit. Aber ausgerechnet seine Mutter entging nur knapp dem Feuertod auf dem Scheiterhaufen:
Missgünstige Nachbarn hatten sie als Hexe denunziert, weil die kräuterkundige Keplerin mit zu großem Erfolg als Heilerin praktizierte. Außerdem entsprach sie den damaligen Vorstellungen einer Hexe: sie war klein, mager, wies eine schwärzlich-braune Gesichtsfarbe auf und sie galt als klatschsüchtig und zänkisch. Ihre Anklageschrift liest sich schier endlos: Sie wurde verdächtigt das Vieh behext zu haben, einen Vater zweier Kinder getötet zu haben und sie habe eine junge Frau dem Teufel zugeführt, wodurch sie als Kupplerin des Teufels verachtet wurde. Außerdem soll sie die Lähmung des Dorfschneiders verursacht haben. Sie wurde der Zauberei verdächtigt, da sie angeblich durch geschlossene Türen gehen konnte. Auch Blasphemie (Gotteslästerung) wurde ihr unterstellt. Und zu guter Letzt heißt es, Katharina Kepler habe einer Frau Unterleibsschmerzen angehext.
Nur mit Hilfe ihres berühmten Sohnes, der sie von 1615 an selbst verteidigte gelingt es ihr, den Hexenprozess zu überleben. Dabei kam Kepler und seiner Mutter ein juristisches Gutachten zu Hilfe, das vermutlich sein Studienfreund Besold geschrieben hat. Somit konnte er 1620 die Freilassung seiner Mutter Katharina Kepler erzwingen, jedoch verstarb diese schon ein Jahr später an den Folgen der Folter.

zurück zum Stundenplan


 

II. Was war die Hexenverfolgung?

Verfolgungen von der bösen Zauberei verdächtigen Personen gab es in fast allen Kulturkreisen; mit Hexenverfolgung als historischem Begriff meint man allerdings die Periode der legalen Hexenverfolgung bzw. der Hexenprozesse in Europa vom 15. bis ins 18. Jahrhundert. Der Großteil der Hexenverfolgungen liegt entgegen der landläufigen Ansicht nicht im Mittelalter, sondern in der frühen Neuzeit.

Allgemein lassen sich Parallelen zwischen der Hexenverfolgung und der Judenverfolgung feststellen, so wird die Hexenverfolgung auch als "Holocaust gegen die Frauen" bezeichnet.


Wie ist das Wort „Hexe“ definiert?

Eine Hexe war im Volksglauben eine mit Zauberkräften ausgestattete, meist weibliche aber auch männliche, unheilbringende Person, die im Rahmen der Christianisierung häufig mit Dämonen oder dem Teufel im Bund geglaubt wurde, die durch magische Kräfte Schadenszauber gegen andere Menschen durchzuführen vermochte.
Später übertrug sich der Begriff auf Frauen, deren Zuständigkeitsbereiche Heilkunst, Verhütung, Entbindung, Wetterzauber u.a. umfasste, etwas was sich auch mit den mythischen Kräften der vorzeitlichen Wesen verbinden lässt. Zur Zeit des Hexenwahns wurde diese Vorstellung mehr und mehr als Fremdbezeichnung auf Frauen und Männer angewandt, die sich vermeintlich oder tatsächlich in irgendeiner Weise vom christlichen Glauben entfernt hatten, womit ihre Verfolgung legitimiert wurde. Eigenbezeichnungen, die nicht unter peinlicher Befragung entstanden, sind nicht bezeugt.


Ursache

Zum einen verändert sich die Wahrnehmung von Zauberei durch die gebildete Elite. Die Gelehrten behaupten zu dieser Zeit, dass sich Hexen zu einer Sekte zusammengerottet haben und die Menschheit mit bösem Zauber bedrohen. Die allgegenwärtige Alltagsmagie kann da schnell zum Delikt werden. Zum anderen ist in der Bevölkerung die Bereitschaft zur Verfolgung von Personen da, die man für Krankheit, Not und Unglück verantwortlich machen kann, denn die Menschen konnten sich vieles nicht erklären, man kannte zum Beispiel die Bakterien als Krankheitsüberträger noch nicht. Jedoch betraf die Verfolgung nicht nur Frauen, sondern auch Männer. Denn in Regionen wie zum Beispiel in Island war das Bild des Zauberers traditionell männlich besetzt und führte dazu, dass 80 % der Opfer Männer waren.

Der Hauptauslöser für die Hexenverfolgung und das Grundgerüst für die Prozesse und Hinrichtungen bildete eine höchst unheilige Allianz von Kirche, Staat und Wissenschaft
Hier hat nicht der Volkszorn die Feder geführt, sondern es sollten ganz im Gegenteil mit Hilfe von Hexenbulle und Hexenhammer die latenten Argwohngefühle und vorhandenen Vorurteile im Volke erst auf den Punkt gebracht werden.
Die Kirche befand sich in einer Legitimationskrise. Sie hatte sowohl gegen vor- und außerchristliche Glaubensinhalte zu kämpfen, als sich auch innerkirchlich mit Sekten, Ketzern und später mit der Reformation auseinander zusetzen. In beiden gegnerischen Lagern aber spielten Frauen z.T. tragende Rollen: In den vorchristlichen Religionen galt es, gegen weibliche Götter, gegen Priesterinnen und ihre Magie vorzugehen bzw. gegen den Glauben an eine besondere weibliche spirituelle Macht, die mit den Kirchenlehren nicht zu vereinbaren war. Es lag daher nahe, die alten Riten zu abergläubischen Praktiken und Hexereien zu erklären und entsprechend zu verfolgen.
Die ketzerischen Vereinigungen wiesen im Gegensatz zu der Kirche eine relativ große Frauenfreundlichkeit auf, sie gingen von einer faktischen Gleichheit zwischen Mann und Frau aus. Das war der Grund, warum die Sekten einen recht großen Zulauf von Frauen hatten, dies war ein „Beweis“ dafür, dass Frauen die „weniger Glaubenden“ waren.
Frauen, bis dahin spirituell aktiv, wurden zunächst vom sakralen Bereich ausgeschlossen.
Bis heute dürfen sie in der katholischen Kirche keine Priesterinnen sein. Die Kirche nahm ihnen jeden Einfluss auf die Form, in der sie Religion erleben konnten.
Die christliche Trennung in eine anständige, auf Fortpflanzung gerichtete und in eine unanständige, nur dem Lustgewinn dienende Sexualität war für das sinnenfrohe Mittelalter etwas Neues. Sexualität wurde plötzlich etwas Sündhaftes. Da Frauen als sexuell unersättlich galten, mussten sie als Verführerinnen verteufelt werden. Die weisen Frauen waren im Mittelalter die einzigen, die über Wissen in den Bereichen Verhütung und Abtreibung verfügten; Handlungen, die dem christlichen Verständnis von funktionaler Sexualität zuwiderliefen. Daher sind die Hebammen im Hexenhammer als “Hexenfürstinnen“ und “gefährlichste Hexen“ mit Sonderkapiteln bedacht worden.
So ist es kein Wunder, dass die Kirche dafür sorgte, dass der neue Stand der Mediziner zunächst ein Theologiestudium absolvieren musste und ohne Priester nicht tätig werden durfte. Hexenverfolgung war also für die Kirche ein Instrument zur Durchsetzung des christlichen Glaubens und zur Behauptung der kirchlichen Alleinzuständigkeit.

Die Wissenschaft, besonders die Medizin hatte Probleme damit, dass Naturheilverfahren wirkten. Da Krankheiten als Strafe für begangene Sünden angesehen wurden, durften diese nur von theologisch ausgebildeten Ärzten behandelt werden.
Durch Bücherverbrennungen war das alte Wissen der Hebammen nicht auszurotten da es nie schriftlich niedergelegt worden war. Als mündliches Wissen konnte es nur dadurch ausgerottet werden, dass die Trägerinnen dieses Wissens verbrannt wurden.
Im Mittelalter hatte man nicht die nötigen Geräte um manche Heilverfahren oder Medikamente zu untersuchen und so wurde die Wirkung auf Zauberei zurückgeführt, so wurden damals zum Beispiel Drogen wie auch heute verwendet; der daraus resultierende Gemütszustand machte viele Wissenschaftler sehr skeptisch.

Der Staat hatte auch großes Interesse an der Hexenverfolgung, so brauchte man, um die sozialen Unruhen unter Kontrolle zu bekommen, Sündenböcke. Da kamen die Hexen mit ihrem “Schadenszauber“ gerade recht.
Da durch den 30-jährigen Krieg viele Männer fehlten, hatte auch der Staat ein Interesse an der Ausrottung von Verhütungspraktiken und Abtreibung. Staatliche und kirchliche Interessen trafen sich hier. So war mitunter die Bevölkerungspolitik ausschlaggebend.

Die männlichen Eliten wollten die Konkurrenz der Frauen ausschalten und durch die Hexenverfolgungen mussten Frauen schließlich lernen, sich unauffällig zu verhalten, um nicht in irgendeiner Weise missliebig und deshalb beschuldigt zu werden.

 

zurück zum Stundenplan


III. Was war der „Hexenhammer“?

HexenhammerIm Dezember 1486 geht in Speyer ein unheilvolles Buch in Druck. Der Inquisitor Heinrich Kramer trägt aus der Literatur systematisch Argumente zusammen, die die Menschenjagd rechtfertigen. Kramer will die neue Vorstellung von der Hexensekte im deutschsprachigen Raum bekannt machen. Er erklärt, nur Ketzer könnten die Existenz von Hexen und Hexerei leugnen. Der Autor war ein Frauenhasser, der die Aufmerksamkeit der Hexenverfolgung auf die Frauen lenkte, denn in der Papstbulle sprach man noch von Personen beiderlei Geschlechts. In seinem Buch "malleus maleficarum" (Hexenhammer) spitzt er die Problematik auf die Frauen zu. Sie seien besonders leicht vom Teufel verführbar und fielen schneller vom Glauben ab. Der fanatische Autor ist überzeugt davon, dass weltliche Gerichte das "Superverbrechen" der Hexerei angemessen sühnen müssen. Er entwirft einen Leitfaden für Hexenrichter und beschreibt – als erfahrener Inquisitor – wie Hexen enttarnt werden können.

Kramer selbst ist der Autor des Hexenhammers, jedoch nannte er seinen Mitbruder Jakob (ebenfalls Inquisitor) Sprenger als Mitautor, um dem Werk mehr Autorität zu verleihen. Aber dieser wandte sich gegen Kramer. Er wollte die Gläubigen stärken, statt sie zu Spitzeln zu machen und Beschuldigte zu töten.

In seiner Begründung konnte sich der Autor auf eine Vielzahl entsprechender Lehren, insbesondere Kirchlehren, stützen, die alle von Aristoteles und seiner naturwissenschaftlichen Begründung für die Minderwertigkeit der Frau profitierten.


Beispiele

„Klein ist die Bosheit gegen die Bosheit des Weibes“

„…das Wort femina nämlich kommt von fe und minus (fe=fides, Glaube, minus=weniger, also femina=die weniger Glauben hat). Also schlecht ist das Weib von Natur, da es schneller am Gauben zweifelt, auch schneller den Glauben ableugnet, was die Grundlage für die Hexerei ist.“

„Suchen wir nach, so finden wir, dass fast alle Reiche der Erde durch die Weiber zerstör worden sind“

„Alles geschieht aus fleischlicher Begierde, die bei ihnen unersättlich ist“


Kramer wollte die weltlichen Gerichte zuständig für die Hexenprozesse machen, so war es erst einmal notwendig die Richter über das „Hexenunwesen“ aufzuklären.
Als Vorgehensrichtlinie galten die Prinzipien des Inquisitionsverfahrens, die für das Sonderverfahren der Hexenprozesse sogar noch strenger wurden. Verfahrensrechtliche Neuerungen, die der Hexenhammer vorsah bzw. die aus ihm entwickelt wurden, waren zum Beispiel:

  • Alle Foltermethoden waren gerechtfertigt, alleinige Grenze: die Folter durfte nicht unmittelbar zum Tod führen.
  • Anonyme Zeugenaussagen waren zulässig, auch von Minderjährigen, Verbrechern und Geisteskranken. (Die Aussagen 4jähriger Kinder führten in Schweden zur Verurteilung von 72 Frauen und 15 Jugendlichen!).
  • Die Vermutung der Schuld war ausreichend für eine Verurteilung.
  • Als Indizien war alles zugelassen (z.B. die Tatsache, dass sich die Hexe während oder kurz vor einem Gewitter im Freien aufgehalten hatte.)

Hexenkommissaren und Richtern war daran gelegen, recht viele Hexen zu verbrennen, da sie kein oder nur ein geringes festes Gehalt bezogen, sie waren auf Kopfgelder nach der Anzahl der Verurteilten angewiesen. Außerdem konnte man das Vermögen eines Verurteilten für sich verwenden. In jedem Fall mussten die Angeklagten für alle im Zusammenhang mit ihrem Prozess stehenden Maßnahmen die Kosten übernehmen: Angefangen von den Rechnungen aus dem Wirtshaus, in dem die Ausschussmitglieder ihr Vorgehen gegen eine Verdächtige beraten hatten, bis zum Holz des Scheiterhaufens.

Der Hexenhammer zählt zu den verheerendsten Büchern der Weltliteratur und hatte katastrophale Konsequenzen für die Gesellschaft in Europa.
Hier ist die Anzahl der Opfer pro Land aufgezeigt:

Hexenverfolgung2
zurück zum Stundenplan

IV. Was ist Folter, welche Methoden gab es damals?

Hexenverfolgung3Als Folter bezeichnet man das gezielte Zufügen von psychischem oder physischem Leid (Gewalt, Qualen, Schmerz) an Menschen durch andere Menschen, als Mittel für einen zielgerichteten Zweck, beispielsweise um eine Aussage, ein Geständnis, eine Widerrufung oder eine wichtige Information zu einem bestimmten Sachverhalt zu erhalten, den Willen und Widerstand der Folteropfer (dauerhaft) zu brechen.


Methoden der Inquisition

Beispiele:

  • Die Wasserfolter:
    Opfer muss Unmengen von Flüssigkeit schlucken
  • Körperliche Verstümmelung:
    z.B. Zertrümmerung von Knochen mit Hammer
  • Die "Eiserne Jungfrau":
    Das Opfer der Inquisition wurde in das Innere des Eisenkastens gestellt, dann schlossen sich langsam die Türen, so dass "die scharfen Dornen seine Arme durchstachen, und an etlichen Stellen seine Beine, und seinen Bauch und seine Brust, und seine Blase und die Wurzel seines Glieds, und seine Augen und seine Schultern, und seinen Hintern, ihn aber nicht töteten", zumindest nicht gleich. Das geschah meist erst nach ein paar Tagen der unmenschlichsten Schmerzen und Schreie.
  • Einsperren
    in dunkeln, kalten feuchten Verließen
  • Hungertod
  • Die "Judaswiege":
    das Inquisitionsopfer wurde mithilfe einer Seilwinde nach oben gezogen und auf die Spitze einer hölzernen Pyramide gesetzt. Sein ganzes Gewicht ruhte nun nur noch auf der Scheide oder dem After, dem Hodensack oder dem Steißbein.
  • zurück zum Stundenplan

V. Gegenbewegung zur Hexenverfolgung

Die Grundlage für eine Gegenbewegung bildete auch in Deutschland die Aufklärung, denn sie verbannte die Folter aus dem Strafrecht und raubte der Kirche die theoretischen Grundlagen für die Hexenverfolgung, indem sie den Glauben an Macht und Wirksamkeit des Teufels erschütterte.

Es waren vor allem wahrscheinlich diese drei Schriften entscheidend für die Wende:

  • 1563 verbreitete der humanistische Arzt Johann Weyer die Ansicht, die meisten Hexen seien psychisch gestört und gehörten deshalb in die Hand eines Arztes und nicht in die des Henkers.
  • 1631 erschien anonym die cautio criminalis des Jesuiten und Juristen Friedrich von Spee, in der er die widersinnigen Verfahrensregeln der Hexenprozesse aufzeigte und die Unmöglichkeit für unschuldige Angeklagte, diesen Verfahren zu entrinnen.
  • 1701 veröffentlichte der protestantische Jurist und Philosoph Christian Thomasius eine Schrift, in der er – letztlich erfolgreich – die Einstellung aller Hexenprozesse forderte, da es sich bei der Hexerei nur um ein fiktives Verbrechen handele.

Selbstverständlich waren die Kritiker der Hexenverfolgung in ständiger Gefahr auch selbst der Hexerei beschuldigt zu werden, so war es sehr mutig und heldenhaft solche Schreiben zu veröffentlichen.

 

zurück zum Stundenplan