IV. Textart – Der Science-Fiction-Roman

Kepler bediente sich nicht zufällig und grundlos der literarischen Gattung der Traumerzählung. Er musste sich vielmehr in Anbetracht der Inquisition gezwungen gefühlt haben, eine gewisse Distanz zwischen sich und dem Inhalt des Textes zu schaffen, um sich selbst zu schützen. Schließlich griff er zum einen mit seinen Ausführungen das Bild des anerkannten geozentrischen Systems an und zum anderen war die Art und Weise, die Erde zu verlassen und von außerhalb mit Standpunkt auf dem Mond zu betrachten, schlicht und ergreifend zu fortschrittlich für die damalige Zeit. Also stellte er seine Ideen in Form eines irreal wirkenden Traumes dar und entzog sich damit selbst der Verantwortung.

Außerdem stellt Keplers Somnium den ersten von einem Wissenschaftler verfassten Science-Fiction-Roman und einen der ersten im modernen Sinn dar. Seine Erzählung beeinflusste spätere Schilderer interplanetarer Reisen wie John Wilkins, Henry More, Samuel Butler oder Jules Verne.

Der Science-Fiction-Roman


Allgemeines

Darüber, ob Science Fiction eine eigene Gattung beziehungsweise ein Genre ist, herrscht immer noch Uneinigkeit, genau wie über eine exakte Definition.

Der Begriff Science Fiction kommt aus dem Englischen: science = (Natur-) Wissenschaft und fiction = Dichtung und darstellende Kunst (dazu gehören Romane, Erzählungen, Filme und andere Formen). Es gibt zahlreiche sinngleiche Bezeichnungen, wie z.B. Zukunftsroman/-literatur, Wissenschaftliche Phantastik, utopische Literatur, Phantastische Literatur, Speculative Fiction,...


Was ist Science Fiction?

Science Fiction ist hauptsächlich eine Literatur- und Filmform, die sich auf der Basis naturwissenschaftlich-technischer Erkenntnisse mit fiktionalen Vorstellungen, Entwicklungen oder Neuerungen und deren Folgen auf das menschliche Leben beschäftigt, die in naher oder ferner Zukunft eintreten könnten. 
Eine mögliche Definition lautet: „Science Fiction liegt immer dann vor, wenn (scheinbar) unmögliche Dinge gezeigt werden, die technischer Natur sind und von denen sich denken lässt, dass sie eines Tages möglich sein könnten.“ Es wird also Unbekanntes und Irreales rational erklärbar dargestellt. 
Typische Themen, die gerne aufgegriffen werden, sind z.B. die Zeitreise, das Überschreiten der Lichtgeschwindigkeit, der Weltraum inklusive all seiner möglichen Lebensformen, eine zukünftige Welt bzw. eine Parallelwelt, die Überwindung von Raum und Zeit (der „vierten Dimension”) durch neue Technologien, die Beschreibung von High-Tech-Waffen, die Erfindung neuer Kreaturen oder Lebewesen durch wissenschaftliche Manipulationen (Roboter, Androide oder Klone etc.),...

Unterscheiden muss man aber zwischen Science Fiction und Fantasy. Beide handeln von bisher Irrealem, doch während die Science Fiction auf Grundlage von Naturwissenschaft und Technik „in die Zukunft blickt“ (was aber nicht heißen muss, dass es das Fiktionale auch wirklich in der Zukunft geben wird!), erzählt eine Fantasy-Geschichte Märchenhaftes, das meist aus dem Mentalen oder Spirituellen, also dem Übernatürlichen entstammt und damit als irreal für alle Zeit erscheint. So finden sich bei Fantasy-Geschichten typischerweise Märchenelemente wie fliegende Besen, magische Tränke, Zauberei oder Fabelwesen.

Es gibt zwei grobe Kategorien zwischen denen innerhalb der Science Fiction unterschieden wird: die Hard-Science-Fiction und die Soft- Science-Fiction. Während bei der Hard- Science-Fiction großer Wert auf wissenschaftliche Genauigkeit und Details gelegt wird und die Naturwissenschaften – besonders Astronomie, Physik, Mathematik und Biologie – und technische Fortschritte im Vordergrund stehen, befasst sich die Soft-SF mehr mit philosophischen, psychologischen, politischen oder gesellschaftlichen Themen, und benutzt technische Errungenschaften eher am Rande und als Hilfsmittel, um die Handlung einzubetten. 
Keplers Somnium gehört mit seinen schwerpunktmäßigen Ausführungen über den Mond und seine Beschaffenheiten eindeutig zur Hard-Science-Fiction.


Geschichte

Die Zeit der Science-Fiction-Romane begann mit den Entwicklungen in Wissenschaft und Technik. So war die Entwicklung des Fernrohrs sozusagen der Startschuss für Geschichten und Träumereien rund um Weltall und Mond. Der erste, der dies in einem Roman verfasste, war wie gesagt Johannes Kepler mit seinem Somnium. Ihm folgte 1656 der französische Schriftsteller Cyrano de Bergerac mit L’histoire comique contenant les états et empires de la lune. 
Mary ShelleyAls Gründerin des Genres wie es heute besteht wird aber dennoch die englische Schriftstellerin Mary Wollstonecraft Shelley mit ihrem mehrfach verfilmten Schauerroman Frankenstein aus dem Jahre 1818, der von der Erschaffung eines künstlichen Menschen handelt, genannt .Ein deutscher Science-Fiction-Vertreter des 19. Jahrhunderts ist E.T.A. Hoffmann.


Bis heute hat es die Science Fiction teils schwer, gegen das Vorurteil von „billigen“ Stories mit scheußlichen Monstern, halbnackten hilflosen Frauen, geisteskranken Verrückten und grundlosem Gemetzel anzukommen und als „seriöse“ Literatur zu gelten.

 

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