III. Astronomische Forschung

Mit der Astronomie, die ihn so berühmt machte, beschäftigte er sich privat sehr intensiv. Das Interesse dafür wurde vor allem in Italien geweckt, als er mit einem Bekannten zusammen beobachtete, wie der Stern "Aldebaran" vom Mond verdeckt wurde. Zwischen 1507 und 1515 schrieb er seine Gedanken über ein neues Weltsystem nieder (bekannt als "Commentariolus"). Er nahm an, dass die Sonne den Mittelpunkt bildet, um den sich die Planeten in kreisförmigen Bahnen bewegen. Er behauptete, dass sich die Erde täglich um ihre eigene Achse rotiert und sich jährlich um die Sonne bewegt, ebenso, wie es die anderen Planeten in anderen Zeiträumen tun. Diese Arbeit machte er nur Vertrauten zugänglich, um sich nicht dem Spott der Fachwelt auszusetzen, stellte er doch damit das seit 1300 Jahren unbestrittene geozentrische Weltbild des Ptolemäus in Frage.

GeozentrischDenn in der Fachwelt hatte sich das geozentrische Weltbild durchgesetzt, das auch Aristoteles vertrat und Ptolemäus sogar als Grundlage für eine wissenschaftliche Theorie - das heißt eine Theorie, mit der Aussagen über die Zukunft möglich sind - genommen hat.

(Das geozentrische Weltbild sollte nicht verwechselt werden mit dem Konzept der flachen Erde. Im geozentrischen Weltbild steht die kugelförmige Erde (griechisch geos) im Zentrum des Universums. Alle weiteren Himmelskörper (Mond, Sonne, Planeten) umkreisen die Erde in verschiedenen von innen nach außen konzentrisch angeordneten Sphären (durchsichtigen Hohlkugeln). Die äußerste Sphäre wird von den Fixsternen besetzt.)

Es gilt inzwischen als gesichert, dass Kopernikus durch die heliozentrische Theorie des antiken Astronomen Aristarchos von Samos entscheidend angeregt wurde.

Freunde des Kopernikus, besonders Bischof Tiedemann Giese, Schonberg und Dantiscus von Höfen, versuchten jahrzehntelang Kopernikus zur Veröffentlichung seiner astronomischen Arbeiten zu bewegen. Jedoch zögerte dieser damit, weil seine Berechnungen nicht durch genügend genaue Beobachtungen gestützt waren und deshalb eine Ablehnung durch das wissenschaftliche Establishment zu erwarten war.

Kurz vor seinem Tode im Jahre 1543 folgte dann in Nürnberg die Veröffentlichung des Hauptwerkes „De Revolutionibus Orbium Coelestium“ („Von den Bewegungen der Himmelskörper“). In dessen berühmtesten Absatz heißt es im Band I, Kapitel X:

„Die erste und oberste von allen Sphären ist die der Fixsterne, die sich selbst und alles andere enthält (…). Es folgt als erster Planet Saturn, der in dreißig Jahren seinen Umlauf vollendet. Hierauf Jupiter mit seinem zwölfjährigen Umlauf. Dann Mars, der in zwei Jahren seine Bahn durchläuft. Den vierten Platz in der Reihe nimmt der jährliche Kreislauf ein, in dem, wie wir gesagt haben, die Erde mit der Mondbahn als Enzykel enthalten ist. An fünfter Stelle kreist Venus in neun Monaten. Die sechste Stelle schließlich nimmt Merkur ein, der in einem Zeitraum von achtzig Tagen seinen Umlauf vollendet. In der Mitte von allen aber hat die Sonne ihren Sitz. Denn wer möchte sie in diesem herrlichen Tempel als Leuchte an einen anderen oder gar besseren Ort stellen als dorthin, von wo aus sie das Ganze zugleich beleuchten kann? Nennen doch einige sie ganz passend die Leuchte der Welt, andere den Weltengeist, wieder andere ihren Lenker, Trismegistos nennt sie den sichtbaren Gott, die Elektra des Sophokles den Allessehenden. So lenkt die Sonne gleichsam auf königlichem Thron sitzend, in der Tat die sie umkreisende Familie der Gestirne. Auch wird die Erde keineswegs der Dienste des Mondes beraubt, sondern der Mond hat (…) mit der Erde die nächste Verwandtschaft. Indessen empfängt die Erde von der Sonne und wird mit jährlicher Frucht gesegnet.“

Heliozentrisch
Heliozentrisches Weltbild nach Kopernikus:

Die Sonne steht im Mittelpunkt der Welt. Die Erde und die anderen Planeten bewegen sich auf Kreisbahnen. Auch Kopernikus ist auf Epizykel und Deferenten angewiesen, um die Position der Planeten einigermaßen exakt zu beschreiben.

„Inmitten all dessen thront die Sonne. Wer denn wollte in diesem wunderschönen Heiligtum diese Leuchte an einen anderen, besseren Ort setzen als den, von wo aus sie das Ganze gleichzeitig erhellen kann? Zumal doch bestimmte Leute sie durchaus zutreffend „Lampe der Welt“, andere ihren „Sinn“, andere ihren „Lenker“ nennen. Trismegistos [nennt sie] „sichtbaren Gott“, die Elektra des Sophokles die „Alles-Schauende“. So wirklich, wie auf königlichem Thron sitzend, lenkt die Sonne um sie herum tätige Sternenefamilie.“

Kopernikus war nicht der einzige Wissenschaftler, der sich an der Wende der Neuzeit mit dem Gedanken eines heliozentrischen Weltbilds beschäftigte. Denn Nikolaus von Kues, dem allerdings die Mittel für eine mathematische Ausarbeitung fehlten, und Regiomonatus, der durch seinen vorzeitigen Tod seine Arbeit nicht fortsetzen konnte, haben schon vor Kopernikus daran gearbeitet und es wird als gesichert angesehen, dass er auf ihren Werken aufbaute.

Jedoch wurde die heliozentrische Idee von Kopernikus entgegen vieler Propagierungen nicht als Ketzerei angesehen, man befand es als ein Hirngespinst eines Spinners. Immerhin schien ja das geozentrische System wesentlich besser mit dem gesunden Menschenverstand übereinzustimmen, als eine sich bewegende Erde: Bei der Bewegung müsste man doch einen „Fahrtwind“ spüren, fallende Gegenstände eine schräge Bahn besitzen, auch sollten die Fixsterne im Jahresverlauf eine scheinbare Kreisbewegung ausführen, argumentierten die Gegner des Kopernikus mit der Lehre des Ptolemäus. 
Theologisch kritisierte Martin Luther Koprnikus: „Der Narr will mir die ganze Kunst Astronomia umkehren! Aber wie die Heilige Schrift zeigt, hieß Josua die Sonne still stehen und nicht die Erde!“ Die Katholische Kirche, der Kopernikus angehörte, hielt sich mit einer Stellungnahme zurück. Eine Verfolgung durch die Inquisition hatte Kopernikus also – anders als Galileo Galilei einige Jahrzehnte später – nicht zu befürchten. 
Kopernikus konnte die (scheinbaren) physikalischen Widersprüche immer nur durch neue Hypothesen entkräften, so wie auch sein Rechenmodell im Grunde nicht genauer als das des Ptolemäus war, aber wegen aktuellerer Ausgangsdaten bessere Ergebnisse lieferte.

Nachdem das Werk des Kopernikus zunächst als reines Rechenmodell verwendet wurde, konnte schließlich Galileo Galilei die Vereinbarkeit einer sich bewegenden Erde mit den Beobachtungen physikalisch nachweisen.

Johannes Kepler fand mit den ellipsenförmigen Planetenbahnen das korrekte mathematische Modell und Isaac Newton lieferte mit dem Gravitationsgesetz schließlich die physikalische Begründung für das heliozentrische Weltbild und damit die endgültige Bestätigung von Kopernikus.

Das heliozentrische Weltbild wird zu Kopernikus Ehren auch das „Kopernikanische Weltbild“ genannt.


Kepler zu Kopernikus:

„Da ich aber in dieser Hinsicht durch keinerlei religiöse Bedenken gehindert war, dem Kopernikus zu folgen, wenn das, was er vorträgt wohl begründet ist, wurde mein Glaube an ihn zuerst durch die schöne Übereinstimmung erweckt, die zwischen allen Himmelserscheinungen und den Anschauungen des Kopernikus besteht.“

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