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Die Theologie zu Keplers Zeit
I. Keplers theologische „Laufbahn“
Johannes Kepler war nicht nur Naturwissenschaftler, sondern auch Theologe. So hatte Kepler eigentlich nicht vor Astronom zu werden, viel mehr war es sein Ziel, ein Pfarramt in der lutherischen Kirche zu übernehmen.
Erste Hinweise darauf, dass Kepler begann, sich mit theologischen Fragen auseinander zu setzen, gibt es schon aus seiner Leonberger Zeit (1575 – 1579).
Die geistliche Laufbahn wurde ihm durch das Bestehen des Landesexamens im Mai 1583 in Stuttgart eröffnet. So konnte er im darauffolgenden Jahr in die niedere Klosterschule Adelberg aufgenommen werden, in der er ein Leben „nahezu mönchischer Zucht“ kennen lernte. Im Theologie- und Lateinunterricht stand die Lektüre des Neuen Testaments auf dem Programm.
Nach zwei Jahren in Adelberg und bestandener Abschlussprüfung, wurde der nun 15-Jährige an die höhere Klosterschule Maulbronn versetzt. Hier beschäftigte er sich im Religionsunterricht mit der Lektüre des Alten Testaments und den Briefen des Neuen Testaments.
Nach dem Ablegen der Baccalaureatsprüfung und Abschluss des Veteranenjahrs in Maulbronn, studierte er ab 1589 fünf Jahre lang protestantische Theologie in Tübingen und lebte in dieser Zeit in dem berühmten Tübinger Stift, das in dem ehemaligen Augustinerkloster untergebracht war und welches später auch Gelehrte wie Schelling, Hölderlin oder Hegel bezogen. Er besuchte hier Ethik-, Dialektik-, Rhetorik-, Griechisch-, Hebräisch-, Astronomie-, Physik- und Mathematikunterricht und lebte erneut nach klösterlichem Reglement. Als Zwanzigjähriger bestand Kepler bereits das Magister-Examen. Er studierte noch drei weitere Jahre, in denen das eigentliche Theologiestudium stattfand, bis ihm die Möglichkeit offen stand, ein Pfarramt in der lutherischen Kirche Schwabens zu übernehmen.
Doch im Januar 1594 wurde Kepler für den freigewordenen Posten des Mathematiklehrers der protestantischen Stiftschule in Graz vorgeschlagen. Verbunden war damit der Titel eines Professors. Grund für diese Wahl, waren wohl Keplers besondere Befähigung in mathematischen Fragen und seine gründliche Beschäftigung neben dem Theologiestudium mit Astronomie.
Doch Kepler zögerte zunächst, willigte dann aber – unter der Annahme später an das Stift zurückzukehren und seinem angestrebtem Beruf als Pfarrer ebenfalls später nachzugehen – ein.
Zwar widmete er sich nun nicht der christlichen Lehre, sondern der naturwissenschaftlichen Astronomie, doch gelang es ihm, beide Aspekte, den naturwissenschaftlichen und den theologischen, miteinander zu verbinden. Schließlich fasste er beides insofern gleich auf, als dass es galt, Gott und seine Werke zu verehren und zu verkünden, sei dies als Theologe oder als Naturwissenschaftler. So schrieb Kepler im Oktober 1595 Folgendes an seinen ehemaligen Astronomie- und Mathematiklehrer Michael Mästlin (selbst auch ein bekannter Astronom und Mathematiker): „Ich wollte Theologe werden; lange war ich in Unruhe. Nun aber sehet, wie Gott durch mein Bemühen auch in der Astronomie gefeiert wird.“