Galilei

 

Galileo Galilei

I. Keplers Beziehung zu Galilei

Johannes Kepler und der sieben Jahre ältere Galileo Galilei bewirkten zusammen einen Umbruch auf dem Gebiet der Wissenschaften, dementsprechend hatten sie in ihren wissenschaftlichen Ansichten und ihrer Art auch gewisse Gemeinsamkeiten:
Kopernikanisches WeltbildBeide vertraten das heliozentrische Weltsystem des Nikolaus Kopernikus und waren bestrebt dieses weiterzuentwickeln und zu beweisen. So schrieb Galilei in einem Brief an Kepler aus dem Jahre 1597: „…unser Lehrer Kopernikus, der verlacht wurde".
Außerdem waren beide sehr gläubige Menschen, deren Wissenschaft nicht gegen die Kirche beziehungsweise Gott sein sollte, sondern diesen und seine Welt ehren sollte. Sie waren also keine „Rebellen“, sondern sahen sich viel mehr als „Forscher in Gottes Sinn“. Ihre Intension war es nicht die Kirche zu widerlegen oder zu spalten, sondern vielmehr war ihnen an einer Reform der Weltsicht der Kirche gelegen. Doch beide wurden von kirchlicher Seite missverstanden und ihre Werke nicht geachtet.

Doch trotz allem waren sich die Beiden in ihren Eigenschaften und ihrer Persönlichkeit recht unterschiedlich.

So funktionierte die Zusammenarbeit Keplers und Galileis nicht reibungslos und auch der gemeinsame Briefwechsel wurde im Jahre 1610 von Seite Galileis abgebrochen, als er auf mindestens sechs Briefe des Deutschen nicht mehr antwortete (bis auf eine kurze Empfehlung im Jahre 1627).
Verdeutlicht wird dieses unharmonische Verhältnis schon zu Beginn des Kontaktes, als Keplers Mysterium Cosmograhicum erschien:
Kepler schickte ein Exemplar an den Kollegen aus Italien – der bisher noch keinen Namen als Astronom hatte, sondern nur als Physiker bekannt war – und war hoch erfreut über dessen höfliche Antwort, in der sich Galilei zur Lehre des Kopernikus bekannte aber auch seine Zweifel, öffentlich dafür einzutreten. Daraufhin antworte Kepler dem neuen, wie Galilei schrieb, „aufrichtigen Freund“ voller Vorfreude auf einen zukünftigen regen Gedankenaustausch: „Seid guten Mutes, Galilei, und tretet hervor. Wenn ich recht vermute gibt es unter den bedeutenden Mathematikern Europas wenige, die sich von uns scheiden wollen. So groß ist die Macht der Wahrheit. [...] Nun möchte ich noch eine Beobachtung von euch Euch erbitten; da ich nämlich keine Instrumente besitze, muß ich zu anderen meine Zuflucht nehmen.“ Kepler bat hier um Beobachtungen bezüglich der Entfernung der Fixsternsphäre. Doch zu seiner großen Enttäuschung erhielt er nie eine Antwort auf diesen Brief.
Und auch im weiteren Verlauf der Beziehung verhielt sich Galilei Kepler gegenüber wenig kollegial. Später erfuhr er sogar, dass Galilei einige Entdeckungen Keplers als seine eigenen ausgebe. Doch Kepler reagierte darauf selbstlos und meinte: „Galilei halte ich mitnichten zurück, meine Sachen für sich in Anspruch zu nehmen. Meine Zeugen sind das helle Tageslicht und die Zeit. Wer auf diese Zeugen hört – die Gebildeten und Vernünftigen hören darauf –, der lässt sich nie täuschen.“
Und hierin zeigt sich auch ein weiterer Unterschied in der Persönlichkeit der beiden Wissenschaftler: Während Kepler ein bescheidener und friedlicher Mann war, der nach Anerkennung für die Sache (also seine Entdeckungen) strebte, war Galilei sehr darauf bedacht selbst Anerkennung und Ruhm zu erlangen und ließ sich gerne auf die eine oder andere Auseinandersetzung ein. Somit sah zunächst Kepler in Galilei eher einen Gleichgesinnten mit dem er sich hätte austauschen können, Galilei in Kepler aber eher einen Rivalen, der seinen eigenen Ruhm schmälern könnte oder der mit seiner Hilfe selbst zu unverdienter Anerkennung kommen könnte.

Bezeichnend hierfür ist auch, dass Galilei sich nicht bereiterklärte, Kepler eines seiner neu entwickelten Fernrohre zukommen zu lassen, als dieser ihn darum bat. Galilei antwortete auf Keplers Bitte, er wolle in Zukunft neue Instrumente bauen und sie seinen Freunden schicken. Zu welchen er Kepler anscheinend nicht zählte, denn der deutsche Astronom erhielt nie ein solches.
Zuvor hatte Kepler Galileis, von der Fachwelt wenig gepriesene, „Sidereus nuncius“ (Sternenbote/-botschaft) in einem offenen Brief durchaus gelobt und stand Galilei damit zur Seite. Wobei er aber in seiner Vorrede anmerkte: „...Auch glaube ich nicht, dass sich der Italiener Galilei um mich - den Deutschen - so sehr verdient gemacht hat, dass ich ihm dafür schmeicheln müsste, indem ich die Wahrheit und meine innerste Überzeugung nach ihm einrichte.
Zudem sollte niemand glauben, dass meine freimütige Zustimmung zu Galilei anderen die Freiheit nimmt, anders zu denken. Ich lobte ihn ohne die Rücksicht auf das Urteil irgendeines anderen.“


Ein Treffen der beiden großen Wissenschaftler fand übrigens nie statt.

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